Sozialpartnerschaft, das Schweizer Erfolgsmodell

Immer wieder höre ich den Satz: «Die da oben machen eh, was sie wollen!» Ganz egal, ob damit der Bundes-, der Regierungs- oder bei einer Pensionskasse der Stiftungsrat gemeint ist. Was mich dabei erstaunt ist, dass wir in der Schweiz als beinahe einziges Land auf der Welt, die direkte Demokratie kennen und leben. In Tat und Wahrheit kann bei uns jede und jeder «einer von da oben» sein, in dem man sich nämlich selber zur Wahl stellt.

Ganz besonders trifft dies für Pensionskassen zu. Vorausschauend haben die Gründerväter (leider waren es in den 70er-Jahren im letzten Jahrhundert noch kaum Gründermütter) die Sozialpartnerschaft als Basis für die Führung einer Pensionskasse gewählt. Dies bedeutet, dass ein Pensionskassengremium, in unserem Fall der Stiftungsrat, paritätisch zusammengesetzt sein muss; also gleich viele Vertreterinnen oder Vertreter der Arbeitgeberinnen (AG) und der Arbeitnehmenden (AN). Da es auch in einem Stiftungsrat eine Präsidentin oder Präsidenten braucht, wurde im Gesetz festgehalten, dass das Präsidium zwischen den AG und den AN abwechseln muss. Unser Stiftungsrat setzt sich aktuell wie folgt zusammen: Stiftungsrat – PKSW.

Vielleicht ist die heterogene Welt mit tausenden von Pensionskassen in der Schweiz nicht das effizienteste aller Systeme. Wenn man genauer hinschaut, aber sehr wahrscheinlich das fairste. Wieso? Jede Firma und jede öffentliche Institution kann für sich einen eigenen, massgeschneiderten Weg einschlagen. Dies steigert die Identifizierung mit eben dieser eigenen Lösung.

Die Sozialpartnerschaft hilft, diese Identifizierung mit der eigenen Pensionskasse zusätzlich zu stärken, denn auch die Arbeitnehmenden sind in die Entscheidungen miteingebunden. Auch wenn in den letzten Jahren die Führung einer Pensionskasse immer anspruchsvoller geworden ist, sehe ich auch in Zukunft grosse Vorteile mit der sozialpartnerschaftlichen Führung.

Die Sozialpartnerschaft in der Schweiz ist ein wahres Erfolgsmodell.

Aus liberalen Kreisen kommt immer wieder der Ruf nach «freier Pensionskassenwahl». Dies klingt auf den ersten Blick verheissungsvoll, bei näherem Hinschauen überwiegen jedoch schnell die Nachteile. Erstens müsste die Sozialpartnerschaft einer «professionellen» Führung – welche weit weg ist von den betroffenen Versicherten – weichen und zweitens würde die Identifizierung der Arbeitgeber*innen mit der Pensionskassenlösung wegfallen, da ja jede und jeder Arbeitnehmende eine andere Pensionskasse auswählen könnte. Es ist deshalb naheliegend, dass die heutigen, attraktiven Pensionskassenlösungen tendenziell verschwinden werden und vermehrt «obligatorische» Lösungen angeboten würden.

Dagegen steht der Ruf nach einer «Stärkung der 1. Säule», also der AHV zu Lasten der 2. Säule, als den Pensionskassen. Auch hier gibt es einige verlockende Argumente. Wenn man allerdings die Länder anschaut, wo es «nur» eine staatliche Vorsorge gibt, stellt man fest, dass solche Lösungen die Angst bei Menschen schüren, ein Leben lang zu bezahlen, aber im Alter dann selber nichts mehr zu bekommen. Aus all diesen Gründen ist für mich die sozialpartnerschaftlich geführte 2. Säule nicht nur ein guter Kompromiss, sondern ein wahres Erfolgsmodell.

Ihr Stephan Keller

Kontaktieren Sie uns unter +41 52 208 92 20 oder per E-mail unter pensionskasse@pksw.ch


Über den Autor

Stephan Keller leitet die Pensionskasse der Stadt Winterthur seit August 2020.
Der 57-jährige bringt über 30 Jahre Erfahrung in der beruflichen Vorsorge mit, ist Betriebsökonom FH und hat einen Masterabschluss in Customer Relationship Management der ZHAW. Keller bezeichnet sich als kompetenten, kommunikativen und kreativen Brückenbauer innerhalb der 2. Säule.