Rente oder Kapital?

Die berufliche Vorsorge in der Schweiz basiert auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach erklärt. Jede und jeder von uns spart sein eigenes Guthaben während ihrer bzw. seiner Erwerbstätigkeit an. Wie dies funktioniert, habe ich im ersten Pension-Blog erklärt:
Die Pensionskasse, das Sparsäuli für’s Alter – PKSW.

Der grosse Vorteil des eigenen «Sparsäulis» liegt auf der Hand: bei der Pensionierung ist man nicht darauf angewiesen, dass andere für einen die Rente bezahlen, wie dies zum Beispiel bei der AHV der Fall ist. Oder anders gesagt, bei der Pensionskasse spielt es keine Rolle, wenn in Zukunft die Anzahl der Erwerbstätigen schrumpft. Gerade aus Deutschland, wo die Altersvorsorge fast ausschliesslich auf dem sogenannten Umlageverfahren fusst, höre ich immer wieder die Angst: «Wenn ich in Pension gehe, werde ich vielleicht gar keine Rente mehr erhalten!»

In der Schweiz ist es sogar so, dass die meisten Menschen mehr Erspartes in der Pensionskasse haben, als sonst wo. Doch Würde bringt bekanntlich auch Bürde. So schön es ist, jedes Jahr auf dem Pensionskassenausweis zu sehen, wie das eigene Alterskapital wächst und wächst, so schwierig kann es gegen Ende der Erwerbstätigkeit sein, den richtigen Entscheid zu treffen. Die Frage lautet dann: Nehme ich eine lebenslängliche Altersente oder beziehe ich das Kapital? Die PKSW lässt zwar keinen vollständigen Kapitalbezug zu, aber auch die Hälfte des Alterskapitals ist für viele eine riesige Geldsumme, die sie zuvor kaum je auf dem Konto gehabt haben.

Finanzinstitute drängen oft auf einen Kapitalbezug, mit dem Argument: «Wenn Sie das Geld selber anlegen, dann können Sie viel höhere Erträge erzielen, als wenn Sie das Kapital durch die Pensionskasse in eine lebenslängliche Altersente umwandeln lassen.» Doch stimmt diese Aussage? Wie so oft im Leben gibt es auch hier kein Richtig oder Falsch. Nachstehend gebe ich ein paar wichtige Entscheidungshilfen.

1. Die Lebenserwartung im Pensionsalter

Das Bundesamt für Statistik veröffentlich jedes Jahr die Lebenserwartung. Im Jahr 2021 lag diese bei 85,7 Jahren für Frauen und 81,6 Jahren bei Männern. Aber Achtung: dies ist die Lebenserwartung bei Geburt! Im Alter 65 liegt diese bei Frauen bereits bei 87,7 Jahren also 2 Jahre höher und bei Männern sogar bei 84,9 Jahren mehr als 3 Jahre höher. Wenn Sie also das Kapital beziehen mit 65 Jahren, müssen Sie unbedingt daran denken, dass das Geld um einiges länger reichen muss, als es die Lebenserwartung bei Geburt vermuten lässt.

2. Der «richtige» Umwandlungssatz

Bei der PKSW erhalten Sie mehr Rente als Sie Kapital hierfür angespart haben. Ab dem Jahr 2024 ist der sogenannte Umwandlungssatz bei der PKSW 5%. «Richtig» wäre hingegen ein Umwandlungssatz von nur ca. 4,8%. Dies bedeutet, dass die PKSW im Pensionsalter ihr Kapital um fast 5% erhöht, damit es reicht ihre Rente bis zum voraussichtlichen Ableben ausbezahlen zu können. Diese Kapitalaufstockung (bei einem Kapital von CHF 300’000 sind dies immerhin rund CHF 15’000) erhalten Sie bei einem Bezug des Kapitals nicht.

3. Was genau sind Anwartschaften?

Ein Begriff der wiederum kompliziert klingt. Eine Anwartschaft ist eine zusätzliche Leistung, welche nicht Ihnen als künftige Rentnerin oder Rentner zusteht, sondern im Todesfall ihren Hinterbliebenen (Ehegatte/Ehegattin oder Lebenspartnerin/Lebenspartner und evt. ihren noch unterstützungspflichtigen Kindern). Es ist also sehr entscheidend, ob Sie bei Pensionierung z.B. verheiratet sind oder nicht.

«Der Wert einer lebenslangen Altersrente wird oftmals unterschätzt.»

Eine Altersrente lässt einen also nicht nur besser schlafen, sondern hat auch einen höheren Wert als der Bezug des Kapitals. Es gibt aber noch weitere Argumente, welche gegen den Kapitalbezug sprechen. Zum einen sind die Vermögensverwaltungskosten bei Finanzinstituten in der Regel mehr als doppelt so hoch als bei der Pensionskasse und zum anderen sollte man sich bewusst sein, dass man mit 85 oder 90 Jahren vielleicht nicht mehr in der Lage sein wird, sich selber um die Kapitalanlage zu kümmern.

Ein Kapitalbezug sollte deshalb wohl überlegt sein. Er macht zum Beispiel dann Sinn, wenn man mit 65 Jahren alleinstehend und bei guter Gesundheit ist oder mit dem Kapitalbezug eine Hypothek zurückbezahlt und so die Lebenshaltungskosten reduziert werden können.

Wichtig ist aber auf jeden Fall, sich möglichst frühzeitig mit dem Thema «Rente oder Kapital?» auseinanderzusetzen. Sie können sich auf unserer Homepage über die Merkblätter der ordentlichen, vorzeitigen oder teilweisen Pensionierung und dem Merkblatt zum Kapitalbezug im Detail informieren: Pensionierung – PKSW.
Gerne stehen Ihnen unsere Mitarbeitenden auf der Geschäftsstelle auch persönlich zur Verfügung.

Kontaktieren Sie uns unter +41 52 208 92 20 oder per Email unter pensionskasse@pksw.ch.

Ihr Stephan Keller


Über den Autor

Stephan Keller leitet die Pensionskasse der Stadt Winterthur seit August 2020.
Der 57-jährige bringt über 30 Jahre Erfahrung in der beruflichen Vorsorge mit, ist Betriebsökonom FH und hat einen Masterabschluss in Customer Relationship Management der ZHAW. Keller bezeichnet sich als kompetenten, kommunikativen und kreativen Brückenbauer innerhalb der
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